Sachverhalt:

(zuletzt Sitzung am 07.09.2018, lfd.Nr. 0808.10)

1. Bgm. Kuhn begrüßt den Schneeberger Allgemeinmediziner Andreas Hickmann und beglückwünscht ihn zu seinem 25jährigen Praxisjubiläum. Er sagt, es ist sicherlich eine Besonderheit, dass eine Gemeinde mit 1.800 Einwohner einen Arzt am Ort hat. Schneeberg ist bisher bestens medizinisch versorgt und in guten Händen.

 

Die Sicherstellung der medizinischen Versorgung im gesamten Allianzgebiet hat oberste Priorität durch das Pilotprojekt „Campus GO – smarte Gesundheitsregion Bayerischer Odenwald“. Aus den Reihen des Gemeinderates wurde der Wunsch nach Informationen, Sachstand und Zukunftsaussichten durch den örtlichen Hausarzt geäußert.

 

Andreas Hickmann sagt, er steht absolut hinter dem „Campus GO“ Projekt und war auch schon bei den ersten Gesprächen dabei. Mit Enttäuschung hat er festgestellt, dass viele seiner Kollegen gesagt haben: „Macht mal“. Für ihn stellt sich die Frage, wie lange er diese Arbeitsbelastung so weitermachen kann. Er kann sich drei bis fünf Jahre vorstellen. Er merkt, dass seine Kräfte schwinden. Deswegen war für ihn wichtig, dass es irgendwie weitergeht wenn er schließt. Aus diesem Grund ist es ihm sehr wichtig, dass neue Strukturen aufgebaut werden. Viele junge Ärzte möchten nicht mehr so viel arbeiten. Der Frauenanteil der fertigen Medizinstudenten steigt ständig. Bei Frauen ist ein Angestelltenverhältnis oder ein Teilzeitjob mehr gefragt. Der KV-Bereitschaftsdienst ist für ihn auch eine Entlastung, da er nicht mehr so viel Dienste hat. Man muss nicht nur neue Versorgungsformen finden, sondern auch Formen der Gesundheitsförderung, Prophylaxe, Betriebsmediziner, Laborversorgung, Schulmediziner. Die Planungen sind relativ weit vorangeschritten. Zentrale Standorte sind Amorbach, Miltenberg und Weilbach. Zum Glück hat sich Weilbach entschlossen bei „Campus GO“ mitzumachen und nicht Eigenständig zu agieren. Die Pläne von Peter Schmitt 2019 fertig zu sein, sind sehr ehrgeizig und werden wohl nicht ganz klappen. Der Standort soll in Amorbach im alten Hofgartengelände sein. Er spricht von einer kommunalen Leitung von Miltenberg, Amorbach und Weilbach, eventuell als Medizinisches Versorgungszentrum. Weitere Formen sind in der Diskussion. Er könnte sich ein überörtliches Medizinisches Versorgungszentrum vorstellen. So dass er eventuell noch zwei Tage pro Woche weiterarbeitet und vielleicht einen halben Sitz nach Amorbach abgibt. Das Projekt liegt ihm sehr am Herzen. Er würde sich freuen, wenn sich die Gemeinde Schneeberg mit einbringt und das Projekt unterstützt.


Diskussionsverlauf:

GR Haas teilt mit, dass er das Gespräch angeregt hat. Er erkundigt sich, ob Andreas Hickmann denkt, dass die Praxis in Schneeberg aufgelöst wird, wenn er aufhört.

Andreas Hickmann sagt, er kann sich eine überörtliche Gemeinschaftspraxis vorstellen, so dass die Schneeberger Praxis bleibt. Er hat Anfang dieses Jahres die Zulassung bekommen, dass er einen Assistenzarzt einstellen kann.

GR Haas meint, die Gemeinde müsse sich unbedingt darum bemühen, die Arztpraxis in Schneeberg zu behalten und mit deutlichen Worten ihre Meinung vertreten.

Andreas Hickmann sieht das Hauptproblem darin, welches medizinisches Personal hierherkommt.

GR Haas sagt, die Kommune soll ein Angebot machen, wie viel es ihr wert ist einen Arzt im Ort zu haben.

Andreas Hickmann sagt, die Kommune könnte sagen, dass die Miete für einen Assistenzarzt drei Jahre kostenlos ist.

GR Wöber möchte den Zusammenhang mit den bestehenden Ärzten wissen, wenn er einen halben Arztsitz abgibt.

Andreas Hickmann erläutert, dass das 1992 vom damaligen Gesundheitsminister Horst Seehofer eingeführte Gesundheitsstrukturgesetz immer noch gilt und die Steuerung der Arztzahlen regelt. Er hat vor drei Jahren versucht in seine Praxis Stefan Heßdörfer mit hineinzunehmen. Er hat keine Zulassung bekommen. Jetzt arbeitet dieser in Würzburg.

1. Bgm. Kuhn stellt klar, dass die Kassenärztliche Vereinigung eine Selbstorganisation der Ärzte ist.

Andreas Hickmann berichtet, es hängt immer davon ab, ob zurzeit eine Stelle offen ist.

GR Speth sieht im Gesundheitszentrum eine Entlastung für Andreas Hickmann, ebenso durch kurze Wege, wenn ein Labor nach Amorbach kommt. Mit dem Konstrukt erhöht sich auch die Chance für Schneeberg einen neuen Arzt zu finden. Die Physiotherapiepraxis ist auch ohne Unterstützung nach Schneeberg gekommen. (Auf Grund von Einwendungen gegen die Niederschrift wurde der Satz ersatzlos gestrichen.) Man kann nur hoffen, dass das Gesundheitszentrum möglichst schnell umgesetzt wird.

Andreas Hickmann ergänzt, dass auch eine Art Schulschwester geplant sei. Wenn zum Beispiel ein Kind irgendetwas hat, schaut sich das zuerst die Schulschwester an. Des Weiteren spricht er das Schülergesundheitsvorsorgeprogramm und das Programm „Care4Future“ an, mit dem Schülerinnen und Schüler für die Pflege gewonnen werden sollen. Die Verhandlungen mit dem Labor Schottdorf sind schon sehr weit fortgeschritten.

GR Loster meint, dass wir das Gesundheitszentrum brauchen, wenn wir die ärztliche Versorgung hier auf dem Land sichern wollen. Herr Fries hat gesagt, die Bürgermeister müssten ein Video drehen, um die jungen Ärzte hier zu halten. Eine Teilöffnung der Praxis in Schneeberg sei für sie auch denkbar.

Andreas Hickmann hält die Standortfaktoren vor Ort, wie alle Schulen und ein Schwimmbad für wichtig. Die Idee, ein Werbevideo zu machen, findet er sehr gut.

Für GR Haas steht es außer Zweifel, dass die Medizinischen Versorgungszentren gut sind. Es würde schon viel bringen, wenn wir den Ländlichen Raum selbst nicht schlecht reden würden. Wir müssen trotz allem schauen, dass wir die Schneeberger Position vertreten.

Andreas Hickmann teilt mit, dass Christine Becker bei den Planungen von Campus GO maßgeblich beteiligt waren, deren Vertrag leider im Juni 2018 ausgelaufen ist. Sie hat dafür gesorgt, dass das Projekt in Berlin vorgestellt wurde. Er findet es extrem schade, dass sie keine Gelder mehr bewilligt bekommen hat. Wenn das in irgendwelchen Gremien besprochen wird, wäre es ihm wichtig, dass sie wieder mit ins Boot genommen wird.

1. Bgm. Kuhn bestätigt, dass Frau Becker einen umfassenden Blick auf Bundesebene hat.

GR Haas erkundigt sich, ob die Amorbacher Ärzte alle mit hineingehen.

Andreas Hickmann sagt, das ist fraglich.

GR Haas sagt, die CSU regiert jetzt Gott sei Dank nicht mehr alleine. Der nächste Gesundheitsminister wird sicherlich einer von den Freien Wählern sein, dann wird es stark nach oben gehen.

GR Speth meint, das Gesundheitszentrum kann dazu beitragen, dass Leute in unsere Region kommen. Er erkundigt sich, ob geplant ist, dass Ärzte administrative Aufgaben abgeben können.

Andreas Hickmann sagt, geplant sind Kommunikation mit Telemedizin Firmen und Computersoftwarefirmen. Wenn die Verwaltung von allen drei Standorten gemeinsam gemacht wird, braucht man das auch nur einmal und nicht an jedem Standort.

GR Wöber befürchtet den Worst Case, wenn ein Arzt in Amorbach aufhört und ein anderer Arzt einen Sitz in Großheubach bekommt. Das zu verhindern wäre für ihn die oberste Priorität.

Andreas Hickmann gibt bekannt, dass Kliniken wie Helios und Rhön sogar Arztsitze aufkaufen und nicht mehr belegen. Der Bedarf von 1992 ist nicht erhöht worden.

GR Haas möchte wissen, ob die Kinderärztin Frau Horn, die damals mit ihrer Praxis in Amorbach den Kinderarztsitz von Zittenfelden übernommen hat, ihren Arztsitz mit nach Buchen genommen hat.

Für 1. Bgm. Kuhn gilt es, die Attraktivität der entsprechenden Praxen auf dem Land zu fördern um mehr Ärzte in den ländlichen Raum zu bekommen. Es wird viel getan von der Odenwaldallianz, allen voran vom Amorbacher Bürgermeister.

GR Speth fragt, ob es zulassungstechnisch möglich wäre in 3-4 Jahren Teilzeit zu arbeiten und dann eine weitere Kraft mit in die Praxis zu nehmen um einen nahtlosen Übergang zu ermöglichen, ohne den Sitz in Schneeberg zu verlieren.

Andreas Hickmann teilt mit, dass ihm damals eine Gemeinschaftspraxis mit einer Deckelung von 3 % Umsatzsteigerung pro Jahr angeboten wurde. Damit kann man allerdings keine zwei Familien ernähren. Er hat Unterlagen über den genauen Werdegang von „Campus GO – smarte Gesundheitsregion Bayerischer Odenwald“ dabei, falls jemand Interesse hat.